Magengeschwüre sind beim Pferd viel häufiger, als man denkt, die Symptome sind eher unspezifisch und die Diagnose recht schwierig.
Durch Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass vermutlich bis zu 60% der Dressur- Spring- und Vielseitigkeitspferde unter Magengeschwüren leiden. Bei Traber sind es 60 bis 80%, und bei im Galoppsport trainierten Vollblütern bis zu 90% der sich im Training befindenden Tiere.
Aber auch bei Freizeitpferden nimmt die Erkrankung mit Magengeschwüren zu: Auch bei diesen Pferden konnten bei bis zu 30% der Pferde Magengeschwüre gefunden werden.
Wie entstehen Magengeschwüre?
Wichtig zu wissen ist, dass sich der Magen des Pferdes in einen säureempfindlichen und säureunempfindlichen Teil gliedert. Der säureunempfindliche Teil befindet sich im unteren Bereich des Magens und der säureempfindliche im oberen Bereich. Steigt der Magensäurespiegel im Magen, so wird kommt auch die säureempfindliche Schicht mit der Magensäure in Berührung. Die Magenschleimhaut hat jedoch auch körpereigene Schutzmechanismen: Sie ist in der Lage, die Säure zu neutralisieren und die Schleimhaut wird zusätzlich durch Schleimsubstanzen geschützt. Übertrifft die Magensäureproduktion aber die Schutzmechanismen, kann die Säure die Schleimhaut angreifen. Der Effekt ist dem ähnlich, als wenn ein Mensch zuviel Ananas gegessen hat, und die Mundschleimhaut Defekte – also Löcher – bekommt. Allerdings können wir Menschen die weitere Zufuhr des säurehaltigen Nahrungsmittels einstellen und die Schleimhaut kann sich wieder regenerieren. Sie verfügt unter normalen Umständen über großartige Reparationsmechanismen. Beim Pferd jedoch schwappt die Magensäure weiter kontinuierlich gegen die entstandenen Läsionen und vergrößert sie unter Umständen.
Ursachen der Erkrankung beim Pferd
Fütterung
Beim Pferd erfolgt die Produktion der Magensäure kontinuierlich 24h am Tag. Dadurch ist das Pferd an das kontinuierliche Fressverhalten in freier Wildbahn angepasst. Dadurch, dass das „zivilisierte“ Pferd nicht kontinuierlich frisst, sondern seine Mahlzeiten auf wenige Portionen aufgeteilt bekommt, fehlt der „Puffereffekt“ des Futters. Die Magensäure wird nicht vom Futter aufgenommen, sondern der Säurespiegel steigt im leeren Magen. Die Magensäure hat dabei die Gelegenheit in den oberen säureempfindlichen Teil des Magens hochzusteigen. Um diesem Geschehen Einhalt zu gebieten, müsste das Pferd Nahrung ( am besten Heu) aufnehmen, um die Magensäure zu reduzieren, aber leider sind die Pferde von den Fütterungszeiten abhängig. Zudem verursachen die Magengeschwüre per se Magenschmerzen, wodurch empfindliche Pferde ganz den Appetit verlieren, oder bei der Futteraufnahme reizen die Futterpartikel die Läsionen zusätzlich, sodass sich die Magenschmerzen der Pferde noch verstärken.
Durch hohe Gaben von kohlenhydratreichem Futter (also Kraftfutter mit viel schnell verfügbarer Energie) wird die Magensäure zusätzlich „angesäuert“. Werden die Kohlenhydrate nämlich in ihre Bestandteile zerlegt, ergeben sich als kleinste Partikel Glucose, also Zuckereinheiten, die, auch wenn sie süß schmecken, chemisch als Säuren wirken.
Rohfaser also Heu und Stroh wirkt durch seine Ballaststoffe säureneutralisierend und kann zusätzlich wie ein Schwamm die Säuren „aufsaugen“.
Training
Je intensiver ein Pferd trainiert wird, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass das Pferd an Magengeschwüren erkrankt. Dabei spielt vor allem die Geschwindigkeit eine Rolle. Es wird davon ausgegangen, dass gerade bei der schnellen Arbeit im Galopp bei Rennpferden der Magen durch das Zusammendrücken der Bauchmuskulatur zusammengedrückt wird, und die Magensäure in den empfindlichen Teil gedrückt wird.
Weiterhin wird vermutet dass der „Stress“ den Pferd bei erhöhtem Training empfinden zu einer erhöhten Magensäureausschüttung führt, so dass der Magensäurespiegel schon per se erhöht ist. Außerdem werden im Training befindliche Pferde zumeist kraftfutterlastig gefüttert, wodurch der zusätzliche oben erklärte Fütterungseffekt eintreten kann.
“Stress“
Das Pferd führt in der freien Wildbahn ein eher stressarmes Leben. Wenn es nicht gerade vor Feinden fliehen muss (was in der Regel innerhalb von wenigen Sekunden oder Minuten passiert), läuft es den ganzen Tag im Schritt umher und frisst oder döst. Die Belastungen sind dementsprechend immer nur sehr kurz und der Rest verläuft eher friedlich. Das zivilisierte Leben verursacht unseren Pferden Stress: Trainingsprogramm, Wechsel zwischen Boxen- und Weidehaltung, neue Kollegen treffen, Transporte, neue Umgebung etc. Auch wenn das Pferd nach außen hin unbekümmert wirkt, sind diese ständigen Wechsel Ursache für den Anstieg der Ausschüttung von Magensäure.
Kommen dann noch weiter Faktoren (siehe Fütterung, Training oder Krankheit) hinzu, ist die Bildung von Magengeschwüren begünstigt.
Krankheit
Krankheiten können über mehrere Faktoren Ursachen von Magengeschwüren sein:
- Stellt das Pferd wegen der Erkrankung die Futteraufnahme ein, entspricht der Mechanismus der bei der Fütterung erklärten Problematik.
- Durch Schmerzen bekommt das Pferd „Stress“, das heißt, die Magensäureproduktion ist ohnehin schon erhöht.
- Zur Therapie eingesetzte Medikamente verursachen – auch wenn sie nicht ins Maul gegeben werden – teilweise als Nebenwirkung Schädigungen an der Magenschleimhaut.
Symptome / Diagnose von Magengeschwüren beim Pferd
Folgende typische Symptome gibt es:
- Wiederkehrende Koliken , vor allem direkt nach der Futteraufnahme
- Schlechtes (selektives) Fressen
- Gewichtsverlust
- Zähneknirschen
- Plötzlich apathisches Verhalten
- Einstellen der Futteraufnahme nach Gabe von Entzündungshemmer /Schmerzmitteln
Diese Symptome können für sich allein viele Ursachen haben und müssen nicht zwingend Magengeschwüre als Ursache haben. Die mögliche Ursache Magengeschwüre sollte lediglich bei diesen Erkrankungen „im Hinterkopf behalten“ werden.
Eine exakte Diagnose kann nur über einen Gastroskopie (Magenspiegelung) erfolgen. Allerdings wird die Diagnostik aufgrund des Anschaffungspreises des Gerätes (18000€ und mehr) meist nur stationär in Kliniken durchgeführt und der Patient muss vor der Untersuchung mindestens 12h hungern. Was die Symptome (siehe Fütterung und Stress) noch verstärken bzw. verursachen kann.
Bei begründetem Verdacht kann daher eine sogenannte „symptomatische Therapie“ durchgeführt werden. Das bedeutet, man therapiert und beurteilt dann den Erfolg. Verbessern sich die Symptome unter der Therapie, hat die Erkrankung mit hoher Wahrscheinlichkeit vorgelegen.
Therapie
Bei der Therapie von Magengeschwüren gibt es grundsätzlich zwei verschiedenen Vorgehensweisen:
Schutz der Schleimhaut
Bei diesem Therapieansatz werden dem Pferd Fütterungsarzneimittel über das Futter gegeben, die die Magenschleimhaut mit einer Schutzschicht überziehen und damit der Schleimhaut darunter die Möglichkeit geben, zu Ruhe zu kommen und durch ihre Reparationsmechanismen zu heilen.
Reduktion der Ausschüttung von Magensäure
Dabei wird dem Pferd ein Arzneimittel ebenfalls über das Maul verabreicht, das die Ausschüttung der Magensäure in den Magen reduziert. Dadurch wird die Ursache der Erkrankung selbst abgestellt und die Magenschleimhaut kann ebenfalls heilen. Diese Methode ist ausgesprochen effektiv.
Der betreffende Wirkstoff Omeprazol, der beim Pferd diesen Effekt erzielt, wird nur von einer einzigen Firma vertrieben, weswegen das Medikament leider relativ teuer ist.
Zusätzlich sollten die in Frage kommenden Ursachen, falls möglich, ausgeschaltet werden, um eine möglichst rasche Heilung zu erreichen.